Musizieren macht Familien glücklich!

Musizieren hilft in vielen Lebenssituationen, schenkt Stabilität und Freude. Das gilt auch jetzt, wie uns Musikpädagogin Kristin Thielemann erklärt. Ihre Tipps zum Mitmachen, Mitsingen, Mittanzen und Musikalisch durch die Corona-Krise – ein Leitfaden für Eltern!

Musikhören und aktives Musizieren hilft gegen Langeweile. Gleichzeitig ist es eine auf vielfältige Weise leistungsfördernde Tätigkeit, Gehirnjogging, und Studien konnten zeigen, dass aktives Musizieren langfristig gesehen der Bildung von Kindern sehr zu Gute kommt. Auch können mit Musik und Musizieren Erlebnisse verarbeitet werden und die Ausschüttung von Glückshormonen kann dabei helfen, düstere Stimmung zu vertreiben.

Musizieren in der Coronakrise: so geht es!

Daher ist Musikhören und Musizieren in der Covid 19-Krise ein sehr wichtiger Baustein für den Familienalltag: Wo Ausflüge wegfallen bietet gemeinsames Singen und Musizieren wertvolle Möglichkeiten für kreative Gemeinschaftserlebnisse, bei denen jeder mitmachen kann.

Musizieren für Kinder

Mein Name ist Kristin Thielemann, ich arbeite als Musikerin, Musikpädagogin, halte Fortbildungen für Lehrkräfte und bin Autorin des Eltern-Ratgebers „Jedes Kind ist musikalisch“ sowie des üben & musizieren Spezialhefts für Musikpädagogen „Voll motiviert – Erfolgsrezepte für Ihren Unterricht“ und vieler Notenausgaben für die Musikschulpraxis.

Diesen Leitfaden mit Tipps für einen musikalischen Alltag in der Corona-Krise habe ich extra für Sie zusammengestellt. Sie dürfen ihn gerne mit anderen teilen. Es ist mein Beitrag, damit Kinder auch in dieser schweren Zeit glücklich und motiviert musizieren.

  1. Online-Unterricht: Wenn Ihr Kind bereits ein Instrument erlernt, ist es nun wichtig, dass es den Kontakt zu seiner Musiklehrperson behält. Viele Lehrkräfte mussten quasi über Nacht zum Online-Musiklehrer werden und führen nun den Unterricht mit Ihren Schülerinnen und Schülern auf digitalem Weg weiter. Dieser Online-Unterricht kann ebenso förderlich für Ihr Kind sein, wie live gehaltene Lektionen. Sie können sich glücklich schätzen, wenn es dieses Angebot für Ihr Kind gibt!
  2. Lehrkräfte im Online-Unterricht unterstützen: Für viele Lehrkräfte ist sind digitale Lektionen derzeit noch ein sehr neues Betätigungsfeld. Sicherlich ist es für den Anfang gut, wenn Sie in Rufweite Ihres Kindes bleiben, falls es technische Schwierigkeiten gibt. Verzichten Sie aber darauf, ganze Lektionen neben Ihrem Kind zu sitzen, damit es auch weiterhin mit seiner Lehrkraft die eine gute Lernbeziehung pflegen kann. Je weniger Ablenkungen Ihr Kind während der Unterrichtsstunde hat (beispielweise durch Personen, die sich im selben Raum befinden und zuhören), desto mehr kann es sich in den Unterricht vertiefen und intensiver lernen und es entsteht leichter der so hilfreiche Lernfluss.
  3. Erinnern Sie Ihr Kind ans Üben: Sie als Eltern können eine unschätzbar wertvolle Hilfe sein, wenn Sie Ihr Kind regelmäßig ans Üben erinnern. So werden sich schneller Fortschritte und Erfolgserlebnisse bei Ihrem Kind einstellen. Nur wenn das Musizieren leicht von der Hand geht, wird es dauerhaft Freude machen und Ihr Kind wird motiviert musizieren.
  1. Bloss nicht einpacken! Beinahe den größten Effekt auf das selbständige Üben von Kindern hat es, wenn das Musikinstrument nicht ausgepackt werden muss! Auch wenn es uns selbst als Kleinigkeit erscheint, das Instrument auszupacken, ist dies für Kinder häufig eine große Hürde. Ein im Blickfeld des Kindes platziertes Instrument verleitet dazu, es schnell einmal zur Hand zu nehmen und einige Töne darauf zu spielen. Aus diesen Tönen werden ganze Lieder und oft vertieft sich das Kind dann ganz ohne Ihr Zutun ins Üben und Musizieren. Ein Notenpult mit dem an der richtigen Stelle aufgeschlagenen Notenheft ist eine weitere sehr einfache aber wirkungsvolle Hilfe! Es kann sehr nützlich sein, sich Tipps beim Ihrer Musikpädagogin oder Ihrem Musikpädagogin zu holen, ob das Instrument über einen längeren Zeitraum ausgepackt im Zimmer liegen darf oder (insbesondere bei Streichern und Holzbläsern) ein hochwertiges Case sinnvoll ist. Auch berät Sie Ihr Instrumentallehrer oder -händler über spezielle Instrumentenständer, die für Sicherheit bei Ihrem schönen Musikinstrument sorgen. Investieren Sie hier, denn einen Schaden zu beheben ist häufig kostspieliger als eine guter Instrumentenständer.
  2. Originalnoten motivieren: Extrem hilfreich für die Motivation sind Originalnoten, wie beispielsweise Sammelbände mit ergänzenden Audio-Aufnahmen. In geeigneten Ausgaben kann Ihr Kind leicht selbständig auf Entdeckungsreise gehen und sich selbst neue Ziele stecken, die es motivieren. Auch vermitteln Sie mit dem Kauf von Originalnoten Wertschätzung für das Tun Ihres Kindes. Der Lehrkraft helfen Originalnoten dabei, Unterrichtszeit zu sparen, wenn nicht in einem Stapel aus Kopien nach einer bestimmten Seite gesucht werden muss. Zudem hat die Musikpädagogin oder der Musikpädagoge auf diese Weise immer genug Material bei Ihnen vor Ort, um besser und schneller auf die Bedürfnisse bei Ihrem Kind eingehen zu können. In Puncto Langlebigkeit sind hochwertige Notenausgaben ohnehin nicht zu überbieten. Sprechen Sie die Lehrkraft Ihres Kindes darauf an, wenn Sie zusätzliche Motivation Ihres Kindes auf der Suche nach geeignetem Notenmaterial sind.
  3. Übezeit verabreden: Durchhänger beim Lernen und der Motivation sind normal und gehören zum Weg eines jeden Schülers und einer jeden Schülerin dazu. Sie sind sogar wertvoll, weil Ihr Kind nun lernen kann, sich selbst aufzuraffen und wieder Freude an einer Aufgabe zu finden. Wenn der Zustand der Demotivation allerdings zu lange anhält, kann es hilfreich sein, mit Ihrem Kind eine Art Vertrag zu schließen und eine feste Übezeit pro Tag (gegebenenfalls pro Woche) zu vereinbaren. Je selbstverständlicher das Musizieren zum normalen Tagesablauf dazugehört und beispielsweise eine feste Zeit am Tag erhält (z.B. 30 Minuten lang Klavier üben, direkt nach dem Mittagessen), desto leichter wird dies einzuhalten sein. Auch gewisse Kniffs können Ihnen als Eltern helfen, wenn Sie bei der Durchsetzung auf Schwierigkeiten stoßen. Werden Sie hier selbst kreativ und passen Sie diese Idee auf Ihre ganz persönliche Situation an: 30 Minuten Klavier üben oder das Zimmer aufräumen (im Haushalt helfen, Lesen, Mathe oder Vokabeln lernen). Wichtig ist nur, dass das Üben auf dem Instrument deutlich attraktiver ist, als die Alternativtätigkeit. Die Übezeit an eine Belohnung zu koppeln, ist für viele Kinder und Jugendliche ebenfalls ein Ansporn: Die Übezeit wird als zusätzliche Medien- oder Fernsehzeit angerechnet. Bedenken Sie nur, dass es schwierig werden kann, eine regelmäßige Belohnung wieder abzustellen ohne dass die Motivation Ihres Kindes dann zu diesem späteren Zeitpunkt leidet.
  4. Vorbild sein: Möglicherweise haben Sie derzeit mit Home-Office und Home-Schooling schon sehr viel zu tun und sehnen sich eher nach etwas mehr Zeit für sich selbst, statt nach noch mehr Aufgaben. Doch versuchen Sie es einmal damit, selbst möglichst täglich auf einem Musikinstrument zu üben, sofern Sie eines spielen. Alternativ beginnen Sie einfach mit dem Spiel eines Instruments. Kinder übernehmen sehr viele Verhaltensweisen Ihrer Eltern automatisch und werden durch Ihr Musizeiren dazu angeregt, es Ihnen gleich zu tun! Zudem werden Sie spüren, wie gut es tun kann, durchs Musizieren abzuschalten und dem Alltag für einige Zeit zu entkommen.
  5. Musikalisches Umfeld schaffen: Wer möchte, dass die eigenen Kinder erfolgreich und glücklich musizieren, sollte diesen wichtigen Rat beherzigen: Nichts geht beim Erlernen eines Instruments über ein musikalisches Umfeld! Sie hören regelmäßig aktiv Musik verschiedener Stilrichtungen? Sehr gut! Sie versuchen als Familie hin und wieder sich gegenseitig etwas vorzuspielen oder sogar gemeinsam zu musizieren? Perfekt! Sie schauen sich statt eines Spielfilms im TV einmal ein Konzert oder eine Opern- oder Musicalaufführung an? Sie sind genau auf dem richtigen Weg! Denn auch in dieser Krisenzeit können Sie Zuhause für viel musikalische Bildung Ihrer Kinder sorgen. Wenn Sie gewisse Konzertinhalte vertiefen möchten oder spüren, dass Ihr Kind ganz besonders auf bestimmte Musik oder einen gewissen Komponisten anspricht, können Sie es mit ergänzenden Inhalten, wie etwa speziellen Musikbüchern für Kinder, Hörbüchern (z.B. toll ist die Reihe „Wir entdecken Komponisten“), Webseiten oder Podcasts darin unterstützen, diese neue Leidenschaft zu pflegen.
  6. Musizieren in der Gruppe ersatzlos gestrichen!? Möglicherweise fällt nun vorübergehend ein Orchester-, Chor- oder Bandangebot für Ihr Kind weg. Dieses können Sie jedoch durch ein Plus an Musikpräsenz im häuslichen Umfeld auffangen. Natürlich sollten Sie sich darüber im Klaren sein, dass ihr Kind durch diesen temporären Wegfall eines Gruppenangebots möglicherweise einen Teil seiner Motivation einbüßt. Durch Ihre Teilnahme als Familie am Musik Flashmob, wo aus Gärten, von Balkonen oder durch offene Fenster für dich Nachbarn musiziert wird, können Sie jedoch zumindest ein wenig für Ausgleich dieser verlorenen Motivation sorgen. Auch mit dem Kind ein eigenes Musikvideo für die Großeltern oder Freunde zu drehen, kann eine große Motivation erzeugen. Spezielle Musik-Apps wie beispielsweise „ACapella“ oder der „Vongplayer“ bieten die Möglichkeit, sich selbst beim Musizieren aufzunehmen und anschließend weitere Stimmen hinzuzufügen, die gleichzeitig abgespielt werden. Hiermit kann die Kreativität und Experimentierfreude Ihres Kindes gefördert werden.
  1. Das Kind zum Musik-Coach machen: Einen enorm großen Effekt auf den Leistungswillen und die Motivation kann es ausüben, wenn Sie oder die Lehrkraft das Kind zum Musik-Coach machen und es Ihnen der einem Geschwisterkind das Spielen seines Instruments beibringen darf. So gestehen Sie Ihrem Kind eine völlig neue Rolle zu, indem es von der Seite des Lernenden zu Seite des Lehrenden wechselt. Selbst wenn Sie glauben, dass Ihr Kind noch viele Wissenslücken im musikalischen Bereich hat, kann dieses Mittel sehr geeignet sein. Denn in der Rolle des Lehrenden will sich Ihr Kind nicht die Blöße geben, etwas nicht zu wissen. Es wird sich stattdessen dafür interessieren, möglichst schnell seine Wissenslücken zu schließen, um kompetent zu wirken. Hierdurch kann sehr viel neue Motivation und Ehrgeiz entstehen.
  2. Das Familien-Konzert: Bis zur Corona-Krise haben Sie vielleicht regelmäßig mit Ihrem Kind etwas unternommen, waren im Kino, im Zoo, beim Eis essen, auf Spielplätzen oder sind gemeinsam gebummelt. Möglicherweise haben Sie hin und wieder auch kulturelle Angebote genutzt und sind in Kinderkonzerte gegangen. Da all diese Freizeitaktivitäten für die nächste Zeit entfallen werden, können Sie gemeinsam mit Ihrem Kind Alternativangebote bei sich daheim schaffen. Gründen Sie doch Ihren eigenen kleinen Familienchor oder ihr Familienorchester und singen und musizieren Sie gemeinsam! Bauen Sie sich ein Repertoire an Lieblingsstücken auf und genießen Sie diese nun entstandene Familienzeit, um Hausmusik zu machen. Ihre Musiklehrkraft unterstützt Sie sicherlich mit Tipps für geeignetes Notenmaterial. 

Weitere Tipps für glücklich musizierende Kinder finden Sie in meinem Eltern-Ratgeber „Jedes Kind ist musikalisch“.

 

 

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