Diabetes rechtzeitig erkennen

Volkskrankheit Diabetes: Immer mehr Kinder leiden an „Altersdiabetes“. Insbesondere Couchpotatoes leben gefährlich. Ist Dein Kind von Diabetes betroffen? 

Jeder 13. Österreicher ist an Diabetes erkrankt, d.h. in Österreich gibt es derzeit zwischen 600.000 und 700.000 Menschen, die unter einem Diabetes mellitus leiden. Bis es aber endlich zu einer Diagnose kommt, sind oft bereits Nieren, Augen und Nerven in Mitleidenschaft gezogen – so verhält es sich bei rund 20 Prozent der Diabetes-Patienten.

Erschreckend ist, dass zunehmend übergewichtige Kinder auch schon Altersdiabetes haben können. Die gute Nachricht: „Bis zu 60 Prozent aller Diabetes-Fälle sind durch rechtzeitiges Erkennen von Frühdiabetes vermeidbar“, heißt es beim Österreichischen Akademischen Institut für Ernährungsmedizin (ÖAIE).

Wie rasch entwickelt sich Diabetes bei Kindern?

Univ.-Prof. Dr. Kurt Widhalm

Dr. Widhalm über Altersdiabetes bei Kindern

Wer denkt schon bei Müdigkeit, schlechten Schulnoten oder häufigem Wasserlassen an Diabetes bei Kindern? Was sind nun die Anzeichen für Diabetes bei Kindern? Alarmierend ist, dass bereits bei zehn bis 15 Prozent der übergewichtigen Jugendlichen Frühdiabetes nachgewiesen werden kann.

„Es ist höchstwahrscheinlich, dass der Übergang von Frühdiabetes zu einem manifesten Diabetes bei Kindern und Jugendlichen innerhalb von ein bis zwei Jahren viel schneller vor sich geht als bei Erwachsenen“, warnt Univ.-Prof. Dr. Kurt Widhalm, Präsident des ÖAIE. „Wer allerdings von diesen Jugendlichen mit Frühdiabetes tatsächlich einen Diabetes entwickeln wird, wissen wir heute noch nicht, daran wird gerade im Rahmen eines internationalen EU-Projekts in Salzburg geforscht.“

Doch nicht nur die Betroffenen leiden, denn die Volkskrankheit schlägt sich auch bei den Kosten für das Gesundheitssystem zu Buche: Diabetes-Patienten verursachen rund drei Mal so hohe Ausgaben wie Nicht-Diabetiker. Doch nicht nur deshalb sind Präventionsmaßnahmen notwendig.

Frühdiabetes durch Bluttest sichtbar

Univ.-Prof. Dr. Thomas Stulnig

Dr. Stulnig: Anzeichen von Diabetes erkennen

Frühdiabetes (oder Prädiabetes) ist eine Vorform des Diabetes mellitus, bei der die Blutzuckerwerte bereits über der Norm liegen. Patienten mit Frühdiabetes sind Hochrisikopatienten für Diabetes, erläutert Univ.-Prof. Dr. Thomas Stulnig von der medizinischen Universität Wien: „Jedes Jahr entwickeln bis zu zehn Prozent der Personen mit Frühdiabetes einen definitiven Diabetes, wenn nicht rechtzeitig eingegriffen wird. Langfristig sind es 70 Prozent und mehr.“

Aufgedeckt werden kann Frühdiabetes recht einfach, per Bluttest mit Fingerstich durch Hausärzte und Internisten sowie durch Zuckerbelastungstests im Labor.

Die niedergelassene Internistin, MR Dr. Gabriele Müller-Rosam, aus Wien, fordert daher regelmäßige Screenings der Risikogruppen: „Übergewichtige Personen sollen alle drei Jahre getestet werden, ab dem 45. Lebensjahr auch alle Personen mit anderen Risikofaktoren wie positive Familienanamnese, erhöhte Blutdruckwerte, Dyslipidämie oder körperliche Inaktivität. Gerade diese Personen suchen wegen anderer Beschwerden ohnehin häufig Ordinationen auf – hier liegt es also in der Verantwortung der niedergelassenen Ärzte, diese routinemäßig auch auf Frühdiabetes und Diabetes zu testen.“

Mit präventiven Maßnahmen wie der Änderung des Lebensstils hinsichtlich Ernährung und Bewegung können rund 60 (!) Prozent aller Diabetes-Fälle verhindert werden. Voraussetzung dafür ist allerdings das rechtzeitige Erkennen des Frühdiabetes: Während dieser komplett rückgängig gemacht werden kann, sind Lebensstilmaßnahmen bei Patienten mit manifestem Diabetes deutlich weniger wirksam.

Ein Blutzuckertest beim Arzt gibt Klarheit:

  • Blutglukosekonzentration über 100 mg/dl: deutet auf ein Vorstadium hin und weitere Bluttests sind notwendig.
  • Blutglukosekonzentration bei 126 mg/dl oder höher: es handelt sich um einen deutlichen Diabetes mellitus.
  • Ab einem Blutzuckerspiegel von 160 bis 180 mg/dl wird Glukose über den Harn ausgeschieden und ein Nachweis mittels Urinprobe ist ein deutlicher Hinweis auf Diabetes.

Selbsttest

Checke Dein persönliches Risiko, in den nächsten 10 Jahren an Diabetes, Typ 2, zu erkranken auf www.oeaie.org/service/diabetes-check/

 

Was ist Diabetes?

(Quelle: Österreichische Diabetes Gesellschaft)

  • Diabetes mellitus, auch als „Zuckerkrankheit“ bekannt, ist eine chronische Stoffwechsel-Störung, basierend auf einem Insulinmangel bzw. einer Unterempfindlichkeit der Körperzellen für Insulin. Das Hormon Insulin ist für den Transport der Glukose in die Zellen verantwortlich.
  • Bei einer Störung des Ablaufs, wenn Glukose in den Zellen fehlt, aber im Blut in zu hoher Konzentration vorhanden ist, entstehen Schäden an Gefäßen, Nerven und Organen. Das Heimtückische an der Sache ist, dass dies ein schleichender Vorgang ist und von den Betroffenen oft erst verzögert bemerkt wird.
  • Herzinfarkt, Schlaganfall, Nierenversagen und Erblindung gehören zu den Spätfolgen und gehen auf das Konto einer unentdeckten Zuckerkrankheit. Als „worst case“-Szenario kann der unbehandelte Diabetes auch tödlich enden.
  • Am bekanntesten sind der Typ 1 und Typ 2 Diabetes. Daneben gibt es weitere Typen, die durch Erkrankungen der Bauchspeicheldrüse, Medikamente (wie Cortison), andere hormonelle Störungen und seltene genetische Defekte bedingt sind. Von immer größerer Bedeutung ist der Schwangerschafts-Diabetes (Gestationsdiabetes).Typ 1 Diabetes („insulinabhängiger“ oder „juveniler Diabetes“)Insulinmangel im Vordergrund, selten (fünf bis zehn Prozent aller Diabetes-Patienten), meist Junge betroffen. Durch eine Autoimmunreaktion werden Antikörper gegen Betazellen (Zellen in der Bauchspeicheldrüse, die für die Insulinproduktion verantwortlich sind) gebildet. Der Insulinmangel muss, meist lebenslang, durch Insulin-Injektionen behandelt werden, da der zu hohe Blutzuckergehalt ansonsten lebensbedrohlich sein kann.

    Typ 2 Diabetes („Altersdiabetes“)

    Insulinunterempfindlichkeit oder auch Insulinresistenz von vorrangiger Bedeutung, häufig („Volkskrankheit“). Der Diabetes tritt im Zusammenhang mit den Lebensgewohnheiten unserer Wohlstandsgesellschaft auf, begünstigt durch: fettreiche, ballaststoffarme Ernährung, Bewegungsmangel, Rauchen, Bluthochdruck und durch höheres Lebensalter. Speziell bei Übergewicht kann es zu einer Insulinresistenz kommen – die Körperzellen reagieren durch das erhöhte Körperfett, immer weniger auf das Insulin. Die Bauchspeicheldrüse arbeitet in der ersten Zeit mit einer erhöhten Insulinproduktion dagegen, nach einigen Jahren erschöpft sich das System und die Insulinproduktion wird eingestellt, dann muss man auch zur Insulin-Spritze greifen.

    Was tun? Bei Typ 2 Diabetes spielen, im Gegensatz zu Typ 1, die Gene eine Rolle, aber das kann durch den Lebensstil wieder ausgeglichen werden. Bei genetischer Veranlagung kann z.B. eine fettreiche Ernährung und ein bewegungsarmer Alltag Diabetes begünstigen. Regelmäßige Bewegung und gesundes Essen, mit Gemüse, Vollkornprodukten, Ost und Fisch stehen ganz oben auf der Liste. Den Glimmstängel sollte man auch ganz ausdrücken. Je früher man den Altersdiabetes erkennt und seine Lebensgewohnheiten danach ausrichtet, desto besser sind die Aussichten auf ein unbeeinträchtigtes Leben. Ist die Krankheit weiter fortgeschritten, kann man mit Medikamenten eingreifen. Erst, wenn die körpereigene Insulinproduktion nicht mehr ausreicht, werden Insulin-Spritzen notwendig.

  • Erkennen – aber wie? Beschwerdefreiheit wiegt Betroffene in falsche Sicherheit. Einige Symptome können auf Diabetes hinweisen: heftiger Durst, Abgeschlagenheit, häufiger Harndrang, Juckreiz, Appetitlosigkeit, Gewichtsabnahme oder Heißhunger, Sehstörungen, Abnehmen von Libido und Potenz bei Männern, unregelmäßige Monatsblutung bei Frauen, erhöhte Infektanfälligkeit, schlechte Wundheilung und Hautinfektionen. Diabetiker in der Familie, Übergewicht, Bewegungsmangel, Bluthochdruck, Herzkreislauf-Leiden in der Verwandtschaft erhöhen das Risiko einer Erkrankung.

Weitere Infos

 

Fotos: Pixabay.com; beigestellt

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