Kindergarten Eingewöhnung: Wie klappt sie?
Kindergarten Eingewöhnung – ein großer Moment für die ganze Familie: Der erste Schritt in den Kindergarten.
Er soll gut vorbereitet sein und jedes Kind soll diesen Schritt ganz in seinem Tempo machen dürfen – meinen die Pädagoginnen und Pädagogen der Wiener Kinderfreunde und haben ein ganz sanftes Eingewöhnungskonzept dazu entwickelt.
Pia ist 3 Jahre alt und hat gerade zusammen mit ihrem Papa ihren ersten Schnuppertag in einem Kinderfreunde-Kindergarten im 22. Bezirk verbracht. Das ist für alle eine aufregende Zeit mit vielen Fragen.
Auf Anraten der Leiterin beim Elternabend für „KindergarteneinsteigerInnen“ hat die Familie den ganzen September Vorlaufzeit eingeplant, bevor Pias Papa nach seiner Karenz wieder zu arbeiten beginnt. Während der Schnuppertage im Sommer wird Pia mit der neuen Umgebung vertraut und ihre Eltern können viele offene Fragen besprechen. Die Eingewöhnungsphase selbst wird im September ganz sanft gestaltet. Dazu wird sie genau auf die Bedürfnisse des Kindes abgestimmt. PädagogInnen und Eltern bilden dabei ein Team, aber das Kind steht im Mittelpunkt.
Mag. Alexandra Fischer, Geschäftsführerin bei den Wiener Kinderfreunden nennt die wichtigsten Facts zum Kindergartenstart aus psychologischer Sicht:
- “Wenn ein Kind in den Kindergarten kommt, dann ist damit oftmals die erste Trennung von den Eltern verbunden.
- Dies bedeutet für alle Beteiligten eine Begegnung mit etwas Fremden. Und was fremd ist, macht auch manchmal Angst.
- Die Transitionsforschung (Forschung von Übergängen) hat deutlich gemacht, wie wichtig die fachlich kompetente und einfühlsame Begleitung der Kinder und der Eltern bei solchen Übergängen ist.
- Das Wichtigste ist jedoch, dem Kind genügend Zeit einzuräumen. Zeit, um Sicherheit zu gewinnen, Vertrauen und Zugehörigkeit zu erleben sowie Vertrauen und Bindung zu den neuen Bezugspersonen zu empfinden.“
Die gute Zusammenarbeit von Eltern und Kindergartenteam ist eine der wichtigsten Voraussetzungen für eine glückliche Kindergartenzeit des Kindes. Der erste Schritt des gegenseitigen Kennenlernens dient dazu, Vertrauen aufzubauen und wichtige Informationen das Kind betreffend auszutauschen. Denn das Kindergartenteam kann umso besser auf das Kind eingehen je mehr es bereits im Vorfeld über dessen Eigenheiten und Gewohnheiten weiß.
Und ein Kind wird sich dann im Kindergarten wohlfühlen, wenn die Eltern ein gutes Gefühl dabei haben, dem dortigen Team ihr Kind – das Wertvollste, das sie haben – anzuvertrauen. Es ist also wichtig, dass sich nicht nur die Kinder, sondern auch die Eltern im Kindergarten wohlfühlen.
Das Zauberwort heißt: Zeit
Der Eintritt in den Kindergarten verändert nicht nur das Leben des Kleinkindes nachhaltig, sondern bedeutet auch für die Eltern ein erstes Loslassen. Das Kind betritt eine völlig neue Welt fernab seiner gewohnten Umgebung, in der es sich sicher und geborgen fühlt. Es muss mit vielen Unsicherheiten zu Recht kommen und sich in der neuen Lebenswelt erst orientieren. Das Zauberwort in punkto Eingewöhnung lautet also: Zeit. Es ist ganz besonders wichtig, dass jedes Kind so viel Zeit dafür bekommt, wie es braucht, um sich gut in der Gruppe einzuleben.
Die Kinderfreunde-Tipps für den Start:
- Als Start bewähren sich sogenannte „Schnuppertage“ im Sommer vor dem Eintritt. Dabei kann das Kind den Kindergarten, den Gruppenraum, die anderen Kinder und das Kindergartenteam kennenlernen.
- Als Zeitpunkt für die ersten Eingewöhnungstage selbst eignet sich vor allem die Zeit zwischen 8.00 und 10.00 Uhr vormittags oder – vielleicht sogar für einen ersten Besuch noch besser – der Nachmittag ab 15.00 Uhr, weil dann die Atmosphäre ruhiger ist und viele Kinder bereits abgeholt wurden.
- In dieser Phase kann sich das Kind in Begleitung der Bezugsperson frei im Gruppenraum bewegen, sich alles ansehen und ausprobieren sowie erste Kontakte knüpfen.
Sicherheit spielt eine große Rolle
Dabei ist es für das Kind ganz besonders wichtig, jederzeit auf seine vertraute Bezugsperson zurückgreifen zu können – während es die Beziehung und das Vertrauen zu einer weiteren Bezugsperson aufbaut. Manches Kind beobachtet sehr lange in sicherer Nähe des anwesenden Elternteils, was sich rundum tut und sammelt Informationen, die ihm Sicherheit geben. Ein anderes wiederum nimmt sehr schnell aktiv am Geschehen teil und braucht die Eltern nur als „sicheren Hafen“ den es immer wieder ansteuern kann.
Für die ersten Tagen ist es wichtig:
- Dass Mama oder Papa ständig im Raum bleibt.
- Dass sich die Bezugsperson nicht zu sehr aktiv am Geschehen beteiligt, da sich ihr Kind ja in gewisser Weise von dieser lösen soll.
- Wenn die Eltern und Pädagoge bzw. Pädagogin sich einig sind, dass das Kind sich jetzt sicher fühlt, ist der erste Versuch einer kurzzeitigen Trennung sinnvoll. Wie in der gesamten Erziehungsarbeit, kann man auch hier kein „Patentrezept“ ausstellen, da jedes Kind anders ist und ein anderes Bindungsverhalten zeigt.
- Die kurze Trennung sollte so aussehen, dass sich die Bezugsperson von ihrem Kind verabschiedet, um „kurz einmal den Raum zu verlassen“. Ganz wichtig ist dabei, das Kind über das kurze Weggehen zu informieren! Das Kind soll nicht plötzlich feststellen müssen, dass es „allein gelassen“ wurde. Die Bezugsperson sollte allerdings für das Kind nicht sichtbar in der Nähe des Gruppenraumes bleiben. So können sie wenn nötig rasch wieder vor Ort sein.
- Diese erste Trennung soll wirklich nur von kurzer Dauer sein, so dass das Kind sie als eine positive Erfahrung erlebt, die es gut gemeistert hat. Reagiert das Kind ruhig bzw. lässt es sich von der Betreuungsperson rasch beruhigen, kann diese Trennung zeitlich ausgedehnt werden.
- Wenn das Kind sehr irritiert reagiert, zum Beispiel durch starkes Rückzugsverhalten, sehr still wird, sich körperlich stark anspannt oder weint und sich nicht trösten lässt, muss dieser Trennungsversuch sofort abgebrochen werden. Es ist von großer Bedeutung, dass das Vertrauen zwischen Eltern und Kind dadurch nicht an Stabilität verliert.
Gut durch die Kindergarten Eingewöhnung
In dieser Zeit der ersten Trennungsversuche übernimmt die Pädagogin bzw. der Pädagoge zunehmend die Betreuung des Kindes und versucht, langsam dessen Vertrauen zu gewinnen. Um das zu ermöglichen, ist es wichtig, dass die Bezugsperson sich zurückhält und „passiv“ bleibt.
Sind die ersten Trennungsversuche positiv verlaufen, kann sich nun der Zeitraum der Trennung stundenweise vergrößern. Die Bezugsperson sollte aber trotzdem noch in erreichbarer Nähe bleiben. Es bewährt sich auch, wenn das Kind ein Kuscheltier oder einen anderen Lieblingsgegenstand von zu Hause mitbringt, das bzw. der hier zum tröstenden Weggefährten wird.
Die Eingewöhnungsphase ist dann erfolgreich abgeschlossen, wenn:
- Das Kind und die Betreuungsperson eine tragfähige, vertrauensvolle Beziehung aufgebaut haben und sich das Kind in seiner neuen Umgebung sichtbar wohl und sicher fühlt.
- Das ist dann der Fall, wenn es sich vom pädagogischen Team trösten lässt, auch wenn es manchmal nach der Verabschiedung von der bringenden Person zu einem kleinen Protest kommt. Für die psychische Entwicklung ist es wichtig, dass das Kind lernt bzw. nicht „verlernt“, seine Gefühle zu äußern sowie Trost und Zuwendung in Anspruch zu nehmen.
Ein gut geglückter Übergang in den Kindergarten ist ein wichtiger Schritt in der Persönlichkeitsentwicklung des Kindes.
Fotos: Pixabay.com
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[…] kann mich gut erinnern: Als meine Tochter in den Kindergarten kam und dann am Schulstart waren meine Augen plötzlich ziemlich nass. Sie hingegen war voller […]
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