Handyverbot! Wie sinnvoll ist es, dem eigenen Kind das Handy wegzunehmen? Familien-Coach Mag.a Heike Podek hat die Antwort!

Mindestens 3 Stunden täglich am Smartphone! Ausweg: Kinder Handyverbot?

Saskia ist 14, hat ein eigenes Smartphone seit sie 11 ist und legt dieses mittlerweile kaum noch aus der Hand.

Doch sie gehört nicht zu den Ausnahmen, denn laut einer deutschen Umfrage verbringen 85% der Jugendlichen zwischen 12 und 17 Jahren mindestens 3 Stunden täglich am Smartphone: Videos anschauen, Spiele spielen, Social Media – damit vertreiben sie sich am liebsten ihre Zeit.

Also: Kinder Handyverbot? Die Frage stellt sich Eltern angesichts dieser Zahlen …

Die Macht des Smartphones

Handys sind schon lange nicht mehr nur zum Telefonieren da, sondern sind inzwischen zum Dreh- und Angelpunkt unseres sozialen Lebens geworden.

Sie sind das ultimative Kommunikationsmittel, weil sich die Jugendlichen auf unterschiedliche Arten miteinander austauschen können. Absprachen finden heutzutage fast ausnahmslos online statt. Gesprächsthemen drehen sich nahezu ausschließlich um Dinge, die sich online abspielen und soziale Netzwerke haben zudem einen großen Teil an der Suche nach Bestätigung eingenommen.

Gar nicht so ungefährlich – finden nicht nur Medienexperten. Auch viele Eltern sind besorgt und sehen sich mit großen Herausforderungen konfrontiert und haben Angst:

  • dass ihre Kinder eine Handysucht (lies hier KLICK weiter) entwickeln
  • dass die schulischen Leistungen stark absinken
  • vor körperlichen Beschwerden (Kopfschmerzen, Kurzsichtigkeit u.ä.)
  • vor Cybermobbing
  • sexuellen Übergriffen in Form von Videos o.ä. (sieh auch Sexting)

Und sie sind auch einfach genervt, weil das ständige Am-Handy-Sitzen auch den Familienalltag mitbestimmt. Zeitenweise scheint nicht mal ein „normales“ Gespräch möglich zu sein.

“Jetzt aber her mit dem Handy!” Ist das Kinder Handyverbot der Ausweg?

Viele Eltern neigen dazu, ihren Kindern das Handy wegzunehmen. Das lässt sich vielleicht ein bisschen mit dem vergleichen, das Kindern und Jugendlichen früher „Fernsehverbot“ oder „Hausarrest“ aufgebrummt wurde, wenn sie die Grenzen ihrer Eltern überschritten haben oder sich nicht an Abmachungen hielten. Was früher also das „Fernsehen“ war, ist heute das Handyverbot – die wohl schlimmste Strafe für Kinder und Jugendliche…

Rein rechtlich – denn das wissen viele Eltern nicht – ist es tatsächlich erlaubt, den eigenen Kindern das Handy wegzunehmen, denn Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren dürfen noch keine eigenen Verträge abschließen. Es steht also der Name der Eltern im Handyvertrag.

Trotzdem rate ich massiv davon ab und das hat folgende Gründe:

  • Strafen sind ein klarer Machtmissbrauch, wo Eltern ihre Überlegenheit einsetzen, um ihre Kinder oder Jugendlichen dazu zu zwingen ein von ihnen erwartetes Verhalten zu zeigen. Für Jugendliche der beste Einstieg in einen Machtkampf, in ein noch mehr Dagegen Sein und Rebellion. Daneben zerstören Strafen die ohnehin in diesem Alter nicht immer ganz einfache Beziehung.
  • Verbotenes wird oft besonders interessant. Dein Kind wird also vermutlich versuchen, wie es sich heimlich darüber hinwegsetzen und dich überlisten kann, trotzdem an sein Handy zu kommen.
  • Das Vertrauen zwischen Eltern und Kind bleibt massiv auf der Strecke. Wenn du deinem Kind das Handy wegnimmst, fühlt sich dein Kind in seinem Bedürfnis nach Austausch mit seinen Freunden, nach Kommunikation, nach Zugehörigkeit usw.) überhaupt nicht gesehen. Das heißt, du schneidest es ein Stück weit von seinem sozialen Leben ab.

Aber was kann ich tun?

  1. Wenn dein Kind noch kein Handy besitzt, zögere es solange wie möglich hinaus, denn gerade Grundschulkinder sind einfach noch nicht reif genug für einen unbegrenzten Umgang mit einem Smartphone.
  2. Solltest du dann die Anschaffung ab der nächsten Schulstufe überlegen, kannst du deinem Kind erklären, dass es dein Handy ist (schließlich stehst du ja auch im Vertrag) und es ihm als Leihgabe zur Verfügung stellst. Somit kannst du gerade bei jüngeren Kindern noch mehr mitbestimmen, wieviel Handyzeit du für angemessen hältst.
  3. Hat dein Kind bereits ein eigenes Handy, sprich mit ihm. Das ist ganz ganz wichtig. Und dabei geht es nicht um ein großes Gespräch, sondern bleibt gemeinsam im Austausch:
  • Sprich mit deinem Kind über deine Sorgen in Bezug auf die Nutzung des Smartphones und die Gefahren von Social Media.
  • Erkläre deinem Kind, wie du mit Messenger-Diensten umgehst, also z.B. dass es Sinn macht, nur Dinge zu schreiben, die man dem Menschen auch direkt ins Gesicht sagen würde (beugt Mobbing vor).
  • Komm mit deinem Kind ins Gespräch und frag nach, woran die ständige Nutzung liegt. Was ist für dein Kind so faszinierend?
  • Klärt gemeinsam, wofür dein Kind das Smartphone nutzen möchte?
  • Vereinbart handyfreie Zonen/ Zeiten (z.B. bei den Mahlzeiten), die dann natürlich für alle Familienmitglieder gelten.

Und zuletzt – ganz wichtig: Sei deinem Kind ein Vorbild!
Kinder lernen viel mehr durch das, was wir tun, als durch das, was wir sagen. Und wenn deine Aufmerksamkeit jederzeit auf dein Handy geht, sobald dieses Piepst oder klingelt, lernen deine Kinder, dass dieses Ding eine unglaubliche Faszination ausübt und ungemein wichtig sein muss. Leb also deinem Kind den Umgang vor, den du dir auch von ihm wünscht.

Mehr über Heike Podek erfährst Du hier KLICK!

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