Studie zu Geburt und Psyche: Die Einstellungen und Glaubenssätze (Mindsets) von Schwangeren können den Geburtsverlauf beeinflussen. Das haben PsychologInnen der Universität Bonn herausgefunden. Frauen, die eine Geburt als natürlichen Vorgang begreifen, benötigen etwa seltener Schmerzmittel oder einen Kaiserschnitt.
Geburt und Risiko
Die Geburt kann eher als natürlicher Vorgang oder stärker als medizinisches Ereignis wahrgenommen werden. “Das hängt vom Mindset ab”, sagt Dr. Lisa Hoffmann. “Mindsets sind als eine Art mentale Brille zu verstehen, die die Wahrnehmung unserer Umwelt lenken und unser Verhalten beeinflussen können.”
Konkret bedeutet das, dass die Entbindung entweder als Prozess gesehen wird, den die Gebärende bis auf wenige Ausnahmen ohne medizinische Hilfsmittel bewältigen kann. Oder aber die Geburt erscheint vielmehr als risikobehafteter Vorgang, der der medizinischen Überwachung und Unterstützung etwa mit Kaiserschnitt, Schmerzlinderung und Dammschnitt bedarf.
Einfluss des Mindset
“Welches Mindset wir haben, kann einen Einfluss darauf ausüben, wie wir in bestimmten Situationen reagieren”, erklärt Prof. Dr. Rainer Banse. Dies ist auch bei Schwangeren der Fall, haben die Experten in einer Untersuchung mit rund 300 Frauen bekräftigt.
Zusammenhang Geburt und Psyche
“Die Studie zeigt die Bedeutung psychologischer Faktoren für die Geburt”, fasst Hoffmann die Ergebnisse zusammen. “Das Mindset der Schwangeren kann einen Effekt darauf haben, ob die Geburt später eher interventionsarm oder -reich verläuft.” Frauen, die die Entbindung als natürlichen Prozess ansehen, brauchten weniger medizinische Unterstützung bei der Geburt und hatten als Folge ein positiveres Erleben nach der Entbindung. Wochen danach waren bei ihnen weniger Probleme mit Depressionen oder postraumatischem Stress zu beobachten.
Gutes und schlechtes Mindset?
“Das Mindset kann aber nicht vorhersagen, wie gut sich später die Bindung zum Kind entwickelt”, erläutert Hoffmann. “Denn dazwischen liegen viele Schritte.” Nach dem Modell der Psychologen hat das Mindset einen Effekt auf den Geburtsverlauf. Wenn bei der Entbindung weniger medizinische Eingriffe stattfinden, hat dies ein positiveres Geburtserleben zur Folge. Dies hat wiederum Auswirkungen auf das Wohlbefinden von Mutter und Kind. Und alles zusammen kann bei einem positiven Verlauf zu einer sichereren Mutter-Kind-Bindung führen.
“Dies bedeutet jedoch nicht, dass es ein `gutes´ (natürliches) und ein `schlechtes´ (medizinisches) Mindset gibt”, ist die Psychologin überzeugt. Ziel sollte deshalb sein, so Hoffmann, Gebärende in ihren unterschiedlichen Mindsets zu unterstützen und ihnen ein positives und selbstbestimmtes Geburtserlebnis zu ermöglichen.
Weitere Studien
Was tun, wenn Frauen Schwangerschaft und Entbindung teilweise als extremen Stress empfinden? Hierfür gibt es zahlreiche Angebote zur Geburtsvorbereitung. Wie weit sich Mindsets als ein möglicher Ansatzpunkt beeinflussen lassen, sei noch nicht ausreichend empirisch überprüft, sagt Hoffmann. In weiteren Studien möchte sie den Zusammenhang zwischen Mindset und Erleben als eine Art selbsterfüllende Prophezeiung noch genauer untersuchen.
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