Familienzuwachs (Teil 2): Hallo Baby!
Ein neues Geschwisterchen ist ein Grund für Freeeeeeude! Aber natürlich verändert es auch den Alltag aller Familienmitglieder.
Man hat sich und seine Familie – mit Freuden und manchmal mit Bangen – auf den Familienzuwachs eingestimmt. Unser Beitrag Teil 1 hat sich vor allem den Vorbereitungen gewidmet. Endlich ist es soweit und das Geschwisterchen ist da.
Damit steht natürlich auch der Alltag Kopf, denn alles dreht sich ums Baby. Neuordnung im Zusammenleben, Zeit für sich finden, Geschwisterrivalitäten etc. – sind unter anderem kritische Herausforderungen, die auf einen zukommen und über die man sich natürlich schon im Vorfeld Gedanken macht.
Groß trifft auf Klein
„Wenn das Baby da ist, lasst es ruhig angehen“, empfiehlt Nathalie Klüver, Autorin und selbst Mutter. Natürlich fiebert man dem Moment entgegen, wo sich die Geschwister das erste Mal treffen. Wenn das große Kind das Baby nicht beachtet, ist das kein Grund zur Besorgnis. Kinder brauchen unterschiedlich lange, um sich an die neue Situation zu gewöhnen.
Das größere Kind sollte nicht plötzlich selbständig sein und zu Rücksicht angehalten werden oder gar gedrängt werden, den kleinen Bruder oder die neue Schwester auf den Arm zu nehmen. Das könnte Ablehnung hervorrufen. Kinder brauchen einfach unterschiedlich lange, um sich auf die neue Situation einzustellen.
Rituale und „Entthronung“
Rituale können dem älteren Kind helfen und ihm zeigen: Es ist ja doch nicht alles anders, seit mein Geschwisterchen da ist. Das kann das allabendliche Vorlesen sein, der Nachmittagskakao nach dem Kindergarten oder das Brötchenholen mit Papa am Samstag.
Es ist natürlich eine Herausforderung, dem großen Kind gerecht zu bleiben, bestätigt Klüver. Wie kann man seine Zuwendung gerecht verteilen, wenn das Baby quengelig oder generell unruhig ist. Der Psychologe Alfred Adler prägte in diesem Zusammenhang den Begriff „Entthronungstrauma“. Manche Kinder fühlen sich sogar verlassen oder nicht mehr geliebt, wenn der Familienzuwachs da ist.
Die Entthronung fordert eine Neuordnung der Welt. Wie lange das dauert, häng von mehreren Faktoren ab, etwa vom Charakter der Kinder, der Vorbereitung der Eltern oder wie sehr das große Kind zuvor im Mittelpunkt war. Adler sieht in der Entthronung den Grund für eine spätere Geschwisterrivalität.
Eine Extraportion Aufmerksamkeit oder Kuscheln kann gerade in der ersten Zeit dem Kind viele Unsicherheiten nehmen. Denn es stellt sich die Frage: „Ist meine Mama jetzt eine andere? Hat sie noch genug Zeit für mich?“, weiß Klüver.
Gerade wenn Besuch kommt, sollte man schauen, dass sich nicht alles um das Neugeborene dreht. Verwandte oder gute Freunde können an ein kleines Mitbringsel oder Lob für das größere Kind erinnert werden. Schließlich war es bei früheren Besuchen meist gewohnt, im Mittelpunkt zu sein.
Zeit für sich – trotz Familienzuwachs
Natürlich wird die Zeit für sich selbst immer knapper. Doch von einer ausgebrannten Mama hat keiner etwas, deshalb:
- zumindest Mini-Auszeiten einbauen, wie in Ruhe Kaffee trinken.
- Abschied vom Haushalts-Perfektionismus
- Bewegung: wie Yoga-Kurse für Mütter mit Babys oder mit dem Kindewagen ins Grüne, während das größere Kind im Kindergarten ist.
- den Partner einbeziehen
- Eltern oder Babysitter einspannen und mit dem Partner ausgehen
- ältere Kinder verstehen oft besser als man denkt: Die Erklärung sich kurz hinsetzen zu müssen, weil man schlecht geschlafen hat, genügt manchmal als Grund für eine Pause.
Kuschel-Hormone
In der Partnerschaft sollte man sich trotz Kinder-Action nicht aus den Augen verlieren. Nach der Geburt sorgt bei Frauen das Hormon Oxytocin für eine Flaute im Sexleben. Kuscheln und Kümmern um den Nachwuchs stehen höher im Kurs. Für den Partner sollte man aber unbedingt ungestörte Zeitinseln schaffen – und wenn es „nur“ zum Reden ist, rät Klüver.
Dem großen Kind gerecht werden
Nathalie Klüver hat einige Tipps, wie man auch das große Kind einbezieht und die Veränderung der Familie positiv gestaltet:
- Das größere Kind nicht ständig zurechtweisen und um Rücksicht bitten. Das schafft negative Gefühle!
- Zeitinseln für das große Kind planen. (Der Haushalt kann warten!)
- Auch das ältere Kind darf wieder klein sein und z.B. einen Schnuller verlangen.
- Die Vorteile des Ältersein zeigen: „Du darfst schon Eis essen, Babys nicht. Du kannst schon …“
- Rituale einhalten, wie tägliches Vorlesen.
- Gemeinsam Babyfotos anschauen: das kann zeigen, wie sehr man sich gefreut hat, als es auf die Welt kam!
- Je nach Alter, mit in die Babypflege einbeziehen und erklären, warum das Geschwisterchen so hilflos ist und wieso es Aufmerksamkeit braucht.
Buchtipp für alle, die zum Thema Familienzuwachs weiterlesen möchten:
Nathalie Klüver, Willkommen Geschwisterchen, Entspannte Eltern und glückliche Kinder, TRIAS Verlag. ISBN 978-3-432-10451-5
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