Papa reloaded
Wie wichtig Väter für ihre Kinder sind und worin sie sich heute von früheren Vätergenerationen unterscheiden.
Das verrät Barbara Streidl in ihrem neuen Buch “Lasst Väter Vater sein. Eine Streitschrift”, erschienen im Beltz Verlag.
Die Journalistin, die u. a. für den Bayerischen Rundfunk tätig ist, räumt den neuen Vätern endlich den Platz ein, den sie verdienen. Zur Rolle des Vaters im Leben eines Kindes sagt Streidl: “Er ist ganz selbstverständlich da, bei seinem Kind, für sein Kind, und zwar am besten von Anfang an. Wie die Mutter eine Beziehung zu ihrem Kind aufbaut, baut der Vater eine auf. Eine ganz eigene, geprägt von seinen Stärken und Schwächen. So wickelt, tröstet, wiegt, lacht, schimpft und spielt er als Vater mit seinem Kind – und das kann nur er.”
Trotzdem sich der Durchschnitt der neuen Väter (freilich gibt es auch hier Papas, die vor allem durch räumliche und / oder geistige Abwesenheit auffallen) wohltuend von denen vorangegangener Generationen unterscheidet, werden die Papas oft trotzdem nicht voll und ganz ins Familienleben integriert. Kinder sind auch heute in erster Linie Frauensache, so Streidl: “Es hat sich bis heute die Annahme gehalten, dass ein Kind in der Hauptsache die Mutter braucht. Dass Väter auch einen Platz in der Familienmitte wollen, wird immer noch nicht als Normalfall gesehen.”
Warum das so ist? Dazu meint die Autorin: “In Deutschland gleicht die Vorstellung der „guten Mutter“ einem Denkmal, das wir durch den Nationalsozialismus, die Frauenbewegung und den Neoliberalismus gebracht haben. Daneben vermuten wir erst mal nichts Zweites, ähnlich Wertvolles.
Hinzu kommt, dass viele Väter in der Vergangenheit mit Abwesenheit in der Familie glänzten, autoritär waren und in der Hauptsache auf ihre Ernährer-Rolle reduziert wurden. Dass heute sowohl viele Mütter als auch Väter diesen Vorstellungen ein anderes Leben entgegen leben (möchten), wird gerne ausgeblendet.
Der Wandel, in dem sich unsere Welt befindet, geschieht ja auch ganz schön rasant: Vor nicht allzu langer Zeit konnte sich niemand vorstellen, dass es Familien gibt, die aus gleichgeschlechtlichen Elternpaaren und nicht leiblichen Kindern bestehen.”
Die neuen Väter
Wie kann man sich den “neuen Vater” nun vorstellen? Streidl: “Ich stelle mir den „neuen“ Vater als einen Mann vor, der die abwesenden Väter der Kriegsgenerationen, die autoritären Papas der Nachkriegsgeneration und die Workaholic-Dads der Neunziger nicht als Vorbild nehmen möchte. Der einfach nur Papa sein möchte für seine Kinder und dafür einen eigenen Weg findet.
Da stellt sich die Frage, was Väter davon abhält, einfach nur Papas zu sein … Streidl erklärt: “Wie sie’s machen, ist es falsch: Engagiert sich ein Vater neben der Karriere auch in der Familie, werden Wickeldiplom- und Weichei-Witze über ihn gemacht, und zwar nicht nur im Kollegenkreis. Ist er trotz Familie vollzeit erwerbstätig, heißt es „typisch Mann“. Mich erinnert das an die Zerrissenheit von Frauen, die einerseits das Beste für das Kind sein sollen, andererseits ihre Fachkraft nicht am Wickeltisch verschleudern mögen.
Wer sich das ausgedacht hat – da gibt es keine Einzelperson, keinen Bundeskanzler, König, Kaiser, den wir zur Verantwortung ziehen können. Diese einander regelrecht bekämpfenden Erwartungen an Männer und Frauen sind historisch gewachsen, gesamtgesellschaftlich.” Da wird es wohl etwas Geduld brauchen, bis die Väter ihren neuen Platz unumstritten behaupten – und viele kleine Schritte im täglichen Leben. Wir freuen uns darauf!
Buchtipp zum Thema
“Lasst Väter Vater sein. Eine Streitschrift”, Barbara Streidl, www.beltz.de
Fotos: pixabay.com, Stephanie Füssenich, beigestellt
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