Das Sonnenvitamin
Vitamin D hat nicht nur Einfluss auf die Knochendichte, sondern ist außerdem für fast alle andere Gewebe und Organe bis hin zum Gehirn wesentlich.
Vitamin D hat es in sich – ganz besonders für Babys bei ihrem Start ins Leben. In den ersten 1.000 Tagen unseres Lebens spielt es nämlich eine noch wichtigere Rolle als bisher angenommen:
- Den meisten von uns bekannt ist die wesentliche Rolle des Vitamin D beim Knochenstoffwechsel.
- Nun aber mehren sich die Fakten über seine vielseitigen weiteren Aufgaben bei unterschiedlichsten Vorgängen im Körper von A wie Autoimmunprozessen bis Z wie Zuckerverwertung.
Die meisten Körperzellen besitzen Vitamin D-Rezeptoren („Andockstellen“). Dies lässt den Schluss zu, dass das Vitamin mehr Funktionen als nur jene des Knochenaufbaus hat und als potenzieller Schutzfaktor gegenüber verschiedenen Krankheiten wirksam ist.
Dr. Dieter Furthner, Leiter der Abteilung für Pädiatrie am Salzkammergutklinikum Vöcklabruck, weist insbesondere auf die bislang wenig beachtete Funktion des Vitamins im Abwehrsystem hin.
Big Player im Immunsystem
Calcitriol, die aktive Form von Vitamin D, ist ein fleißiger Helfer im Immunsystem. Es fördert die Umwandlung von Monozyten zu den in der Immunabwehr unentbehrlichen Makrophagen (Fresszellen) und ermöglicht außerdem die Synthese von antimikrobiell wirksamen Peptiden.
- Studien an Kindern belegen, dass eine gute Versorgung mit Vitamin D das Risiko für Atemwegsinfekte senken kann. So zeigte eine Studie, dass jene Kinder, die täglich 30 µg Vitamin D als Supplement erhielten, ein um 62% geringeres Risiko hatten an Grippe (Influenza A) zu erkranken.
- Autoimmunprozesse spielen u. a. bei der Entstehung von Typ-1-Diabetes eine entscheidende Rolle. Vitamin D könnte aufgrund seiner immunmodulierenden Wirkung schützend wirken. Eine Studie zeigte, dass bei Kindern, die Vitamin-D-Supplemente erhielten, das Typ-1-Diabetes-Risiko um 88 Prozent geringer war als bei jenen, die kein Vitamin D eingenommen hatten.
Dies wurde durch eine Metaanalyse im Jahr 2008 untermauert. Furthner dazu: „Ich beobachte bei meinen Patienten mit Typ-1-Diabetes oder MS häufig einen Mangel. Ob das die Ursache für die Erkrankung oder eine Folge davon ist, lässt sich anhand der vorliegenden Literatur noch nicht abschätzen.“
Wichtig für Gehirnentwicklung
Hirnforscher haben entdeckt, dass in den Nervenzellen des Gehirns ebenfalls Vitamin D-Rezeptoren sitzen. Außerdem konnte man im Gehirn jene Enzyme nachweisen, die die Bildung von Calcitriol im Gehirn fördern.
Es scheint gesichert, dass Vitamin D auch bei der Entwicklung und Funktion des Gehirns eine wesentliche Rolle spielt. Während der frühkindlichen Prägung in den ersten 1000 Tagen (von der Zeugung bis zum 2. Geburtstag) nimmt Vitamin D daher eine Schlüsselrolle ein.
Wie viel Vitamin D brauchen wir?
Im deutschsprachigen Raum werden von Fachgesellschaften aktuell 15-20 µg Vitamin D pro Tag empfohlen – für Erwachsene genauso wie für Kleinkinder. Das ist ca. 4x so viel wie vor der Aktualisierung 2012. Furthner bestätigt, dass diese Mengen von Kindern nicht alleine mit üblichen Lebensmitteln erreicht werden können.
Bei ausreichender UVB-Strahlung des Sonnenlichts produziert der Körper Vitamin D zum Großteil selbst in der Haut. Dieses wird dann in der Leber und der Niere in die aktive Form umgewandelt.
Aber: Je stärker die Haut pigmentiert ist, je höher der Schutzfaktor der Sonnencreme und je weiter nördlich man wohnt, desto schlechter funktioniert diese Eigensynthese. Hinzu kommt ein verändertes Freizeitverhalten, weshalb auch Kinder ganzjährig auf die Zufuhr über die Nahrung angewiesen sind.
Wo ist Vitamin D enthalten?
Gute Quellen für Vitamin D beschränken sich auf:
- Fisch
- Pilze
- Eigelb
Das sind alles Lebensmittel, die in der üblichen Kinderernährung zu kurz kommen. Angereicherte Lebensmittel können mithelfen, die hohen Vorgaben der Fachgesellschaften zu erreichen,
- Z. B. bei Kindermilch die Höhe der Anreicherung sehr unterschiedlich.
- Eltern sollten daher bei der Auswahl den Vitamin D-Anteil vergleichen. Die Resorption von Vitamin D aus Milch ist übrigens aufgrund des enthaltenen Laktalbumins besonders gut.
Zu wenig Vitamin D
Die Daten des Kinder- und Jugend-Gesundheitssurveys (KiGGS) des deutschen Robert-Koch-Instituts zeigten eine deutliche Unterversorgung. Bei 62 % der 3 bis 17-Jährigen Nicht-Migranten und bei 76 % der Migranten liegt ein Vitamin D-Mangel vor.
Für Furthner lohnt es sich in jedem Fall, Vitamin D mehr Aufmerksamkeit zu schenken: „Angesichts der enormen gesundheitsfördernden Bedeutung von Vitamin D empfehle ich, Kindern ab dem 1. Geburtstag neben einem Vitamin-D-reichen Essalltag zusätzlich z.B. 10 µg/Tag als Supplement zu verabreichen.“
Warum dann nicht gleich die gesamte Menge supplementieren? „Bei Supplementen bleibt immer das Risiko Überdosierung. Deshalb plädiere ich dafür, einen Teil der empfohlenen Menge mit der Nahrung – gegebenenfalls mit angereicherten Produkten wie z. B. Kindermilch – aufzunehmen, wie es in den USA auch schon üblich ist“, so Furthner.
Foto: Milupa, pixabay.com
Hinterlasse einen Kommentar
An der Diskussion beteiligen?Hinterlasse uns deinen Kommentar!