Die psychische Gesundheit von Kindern ist durch die Pandemie nach wie vor stark belastet. Experten sehen hier aber nur die Spitze des Eisbergs, denn bereits vor COVID-19 war die Lage alles andere als rosig. Fachleute fordern mehr Offenheit im Umgang mit diesem Thema. Lest hier mehr dazu …

Wir sprechen zu wenig darüber …

„Die psychische Gesundheit von Kindern und Jugendlichen steht auf dem Spiel!“, warnen Experten bei UNICEF. Das Thema Mental Health ist deshalb so wichtig, weil es uns alle betrifft, aber wir immer noch nicht genug darüber sprechen, erklärt Ali Mahlodji, UNICEF Österreich Ehrenbeauftragter. „Es kann uns einfach alle treffen, genau wie wir einen Schnupfen bekommen oder uns den Fuß brechen“.

Psychische Gesundheit und veränderter Alltag

Die Pandemie hat einen hohen Tribut von Kindern und Jugendlichen gefordert. Fast zwei Jahre seit Beginn der Pandemie sind die psychischen Belastungen für Kinder und Jugendlichen nach wie vor schwerwiegend. Die Veränderungen im Alltag, der Wegfall von Freizeitmöglichkeiten sowie finanzielle und gesundheitliche Sorgen in den Familien führen dazu, dass viele junge Menschen unter Angstgefühlen leiden, wütend sind und voller Sorgen in ihre Zukunft blicken

Entwicklungsschritte fehlen

„Kinder und Jugendliche haben sich in der Corona-Pandemie unglaublich kooperativ, rücksichtsvoll und solidarisch gezeigt. Aber ihre Bedürfnisse wurden die längste Zeit übersehen“, sagt Dr.in Caroline Culen, Geschäftsführerin der Österreichischen Liga für Kinder- und Jugendgesundheit. Viele der wichtigsten Entwicklungsaufgaben konnten daher nicht vollzogen werden: Schritte Richtung Selbständigkeit, außerfamiliäre Freundschaften, Abnabelungsprozesse u.v.m. Es fehlten zudem auch Erfolgserlebnisse, die so wichtig für den Selbstwert sind.

Psychische Leiden und Stigma

Wenn von mentaler Gesundheit die Rede ist, denken viele Menschen zuerst an psychische Beeinträchtigungen oder Störungen. Diese sind aber bis heute mit einem Stigma verbunden, welche wiederum – ob beabsichtigt oder nicht – verhindern, dass Kinder und junge Menschen Hilfe suchen und Unterstützung erfahren.

Situation weltweit und in Österreich

Erstmals hat eine internationalen UNICEF-Umfrage heuer den Fokus auf die mentale Gesundheit von Kindern gelegt. Demnach fühlen sich 19 Prozent der Jugendlichen zwischen 15 und 24 Jahren häufig deprimiert. In Europa leben 16,3 Prozent mit einer psychischen Erkrankung. Weltweit nehmen sich jedes Jahr rund 46.000 junge Menschen zwischen zehn und 19 Jahren das Leben – ein junger Mensch alle elf Minuten.

In der Altersgruppe der 15- bis 19-Jährigen ist Suizid die vierthäufigste Todesursache nach Verkehrsunfällen, Tuberkulose und Gewalttaten. In Europa stellt Suizid sogar die zweithäufigste Todesursache dar. Noch drastischer ist die Lage in Österreich: 18,2 Prozent der 10-19-jährigen leiden unter psychischen Problemen. Das sind knapp 160.000 Jugendliche in Österreich. Fast ein Viertel der Kinder und Jugendlichen in Österreich zeigen im Laufe ihrer jungen Leben zumindest Symptome einer psychischen Erkrankung. Hierzu gehören suizidale Gedanken, nicht-suizidales selbstverletzendes Verhalten, Depressionen, Angstzustände, Zwangsverhalten und Aggressionen.

Lösungsansätze – Forderungen von Experten

  1. Es braucht dringend mehr Investitionen in die psychische Gesundheit von Kindern und Jugendlichen in allen Bereichen der Gesellschaft, nicht nur im Gesundheitswesen. Gefragt sind vor allem niederschwellige Angebote und kostenfreien Zugang zu psychosozialer Unterstützung für alle.
  2. Evidenzbasierte, übergreifende Maßnahmen zur Förderung der psychischen Gesundheit in den Bereichen Gesundheit, Bildung und soziale Sicherung sollten ausgeweitet werden. Dazu gehören Elternprogramme, die eine flexible, liebevolle Unterstützung und Betreuung der Kinder und die psychische Gesundheit von Eltern und Erziehenden fördern. Schulen sollten die psychische Gesundheit durch qualitative Hilfsangebote und ein positives Lernumfeld unterstützen.
  3. Das Schweigen über psychische Erkrankungen muss gebrochen, Stigmata bekämpft und Aufklärung im Bereich der psychischen Gesundheit gefördert werden. Die Erfahrungen von Kindern und Jugendlichen müssen ernst genommen werden.

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