Schule oder Elternhaus?

Die Rolle beider wird immer wieder heftig diskutiert. Das Modell der drei A fasst zusammen, was Eltern zum späteren Schulerfolg ihrer Kinder beitragen können.

„Mein Sohn möchte so gerne schon schreiben, dabei ist er erst vier Jahre alt“, ist meine Freundin Veronika begeistert. Über meine Antwort, dass das völlig normal ist, freut sie sich vielleicht weniger.

Es ist aber tatsächlich so, dass Kinder auch vor dem Schulalter ausgesprochen interessiert am Lernen sind, Fähigkeiten erwerben und Herausforderungen bewältigen wollen. „Lass ihn ruhig“, sage ich daher zu meiner Freundin. „Alles, was er gerne tun möchte, ist keine Überförderung sondern gerade genau richtig für ihn.“

Stark in die Schule

Kurz darauf fällt mir ein Buch in die Hände, das mich darin bestärkt: „Stark in die Schule. Was Kinder vor der Einschulung brauchen“ von Adolf Timm (in Lehrerbildung und Elterntraining tätig) und Klaus Hurrelmann (Professor of Public Health and Education an der Hertie School of Governance in Berlin), erschienen bei beltz, in die Hände.

Die beiden Experten stellen in ihrem Buch das Modell der „Drei Pädagogischen A“ vor, die Balance aus:

  • Anerkennung
  • Anregung
  • Anleitung

 Anerkennung ist wichtig für das Kind, „weil es Wärme, emotionale Zuwendung und Akzeptanz braucht, um an sich selbst zu glauben.“ Aber, warnen die Experten: Es darf auch nicht zu viel des Guten sein, damit ein Kind eine starke Persönlichkeit entwickeln kann.

„Eine zu enge emotionale Atmosphäre kann problematisch sein, weil Kinder sich von der Liebe und Zuwendung der Eltern erdrückt fühlen und sich nicht selbstständig entfalten können. Anerkennung darf nicht „Anbetung“ bedeuten, und Zuwendung darf nicht bedeuten, dass das Kind keinen eigenen Spielraum mehr für seine persönlichen Empfindungen hat.“

Gut dosierte Anerkennung

Wenn Ihr Euer Kind nämlich für eine Leistung, die auch aus der Sicht des Kindes gar nicht so großartig ist, verliert es den richtigen Maßstab. Es bekommt den Eindruck: Wenn die Eltern mich für etwas so vergleichsweise Kleines schon so loben, wie viel ist ihr Lob dann überhaupt wert?

Kinder fördern„Übertriebene Anerkennung kann die Leistungsmotivation eines Kindes empfindlich beeinträchtigen“ ist daher ebenso der Hinweis der Experten wie: „Eine gefühlsmäßig kühle und zurückweisende oder sogar ablehnende Haltung von Eltern kann zu Störungen des Selbstwertgefühls beim Kind führen, und die wirken sich sehr ungünstig auf seine Leistungsfähigkeit aus.“ Daher: den berühmten „Goldenen Mittelweg“ einschlagen!

Anregung: nicht unter- und nicht überfordern

Auch die Anregung der Kinder durch die Eltern sollte richtig dosiert sein. Wer dem Kind zu viel zumutet, überfordert es. Wer ihm zu wenig zumutet, unterfordert es. Timm und Hurrelmann dazu: „Bei einer zu niedrigen Stimulation erhält das Kind auch zu wenige Anstöße für eine höhere Motivation, es fühlt sich in der Regel nicht ernst genommen.“

Und: „Bei einer zu hohen Stimulation kann es zu Belastungen und Überforderungen kommen, die im Endeffekt auch das Bild von der eigenen Leistungsfähigkeit negativ beeinflussen. Es entsteht der Eindruck, den Standards der Eltern nicht gerecht werden zu können und ein Versager zu sein.“

Anleitung: Klare Regeln und Grenzen

Bei der Anleitung geht es den Experten darum, dass „klare Vereinbarungen und Umgangsformen, die Halt und Struktur im Zusammenleben geben“ getroffen werden. Damit ist kein autoritärer Erziehungsstil gemeint, der die kindlichen Bedürfnisse unterdrückt.

Umgekehrt aber fühlen sich Kinder ohne Regeln und Sanktionen bei deren Verletzung „wie in einem grenzenlosen Raum und suchen nach Halt und Konturen“. Daher empfehlen die beiden Experten „eine klare und sichere Festlegung von Umgangsformen und Regeln und eine ebenso deutliche Vereinbarung über die Sanktionen bei Verletzungen der Regeln.“

Fundament für den Schulstart

Nur wenn keines der drei A in der Erziehung und Förderung durch die Eltern überbetont oder vernachlässigt wird, können sich Sprachfertigkeiten, Grob- und Feinmotorik, Lernfreude und Leistungsbereitschaft, Werte und Tugenden, Selbstkontrolle, Selbstbewusstsein und soziale Fertigkeiten beim Kind angemessen entwickeln.

Dabei kann mal das eine, mal das andere A im Vordergrund stehen. Insgesamt aber sollten sie ausgewogen sein. „Die drei A sollten von den Eltern im Idealfall immer in einer lebendigen Balance gehalten werden, wie die drei Bälle eines Jongleurs, die sich immer in der Luft befinden, um sich kreisen und kunstvolle Figuren bilden. So können sie ihr Kind fördern und fordern und legen damit das Fundament, das es für eine gute Entwicklung seiner schulischen Leistungsfähigkeit braucht.“

Wie Adolf Timm sagt: „Unsere Kinder können mehr. Alle wollen lernen. Jeder ist gut in irgendetwas. Dass sie ihre Potenziale ausschöpfen, entscheidet sich weitgehend in der Zeit vor ihrem Eintritt in die Schule.“

Das Modell der „Drei Pädagogischen A“

als Basis für eine Förderung der Kinder in Hinblick auf Schule, Lernen, Leistung

  • Anregung

Setzt sich zusammen aus den Komponenten: Neugier, Freiheit, Selbstdiszilin

  • Anerkennung

Wird bestimmt durch Selbstwertgefühl, Resilienz, Emotionale Intelligenz

  • Anleitung

Umfasst die Bereiche Orientierung, Gewaltfreiheit, Zielstrebigkeit

Stark in die Schule. Was Kinder vor der Einschulung brauchen, Adolf Timm, Klaus Hurrelmann, www.beltz.de

 

Fotos: pixabay.com

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