Nähen aus Leidenschaft

Schon als Kind nähte sie ihren Püppchen individuelle Kleidungsstücke und so war es keine Überraschung, dass ihr geliebtes Hobby eines Tages auch zum Beruf wurde.

Gaby Seeberg-WilhelmWobei man bei Gaby Seeberg-Wilhelm auch von Berufung sprechen könnte, denn sie näht nicht nur selbst nach wie vor leidenschaftlich gerne, sondern gibt ihr Wissen auch weiter. Wir haben mit der Autorin diverser Bücher aus dem Nähkästchen geplaudert…

  • Frau Seeberg-Wilhelm, können Sie sich noch an Ihr allererstes, selbstgenähtes Unikat erinnern?

    Mein allererstes Selbstgenähtes kann ich mich noch sehr gut erinnern. Das war eine Bluse. Eine Kombination aus einem kleingeblümten und einem hellblauen Stoff. Den hellblauen Stoff habe ich für den Kragen und die Abschlüsse an den Ärmel sowie für den Saum verwendet. Die Bluse habe ich als 13-jährige sehr gerne und mit sehr viel Stolz getragen.

  • Heutzutage können viele junge Leute nicht mehr nähen, weil es beispielsweise auch gar nicht mehr unterrichtet wird, was früher gang und gäbe war. Haben Sie sich das Nähen selbst beigebracht oder liegt das Talent dafür bei Ihnen in der Familie?

    Meine Oma hat gerne genäht. Ihre Tretmaschine war Ihr Heiligtum. Diese hatte sie selbst von Ihrer Mutter bekommen. Meine Mutter durfte nur in Ausnahmefälle ihre Maschine benutzen. Nachdem ich meine zwei größeren Brüder beim Zusammennähen von Fahrradschläuchen für Bastelbedarf erwischt habe, habe ich auch heimlich die ersten Versuche gemacht. Dann bin ich zu meiner Nachbarin gegangen. Sie ist Schneiderin gewesen und hat mir am Anfang beim Zuschneiden geholfen und die ersten Kniffe beim Nähen beigebracht. Danach durfte ich ganz offiziell an Omas Tretmaschine ran.

  • Sie arbeiten seit mehr als 20 Jahren in der Nähmaschinenbranche. Verraten Sie uns doch, welche Stationen Sie durchlaufen haben!

    Ich habe Werkzeugbau gelernt. Die Mechanik und die Konstruktion von Geräten haben mich schon immer interessiert. Vor 25 Jahren habe ich dann in der Produktion von Nähmaschinen gearbeitet. Damals war noch die Produktion eines namhaften Herstellers noch in Karlsruhe-Durlach, direkt in meinem Wohnort.

    S98_Zwillingsnadel_Nähen - Mein HobbyHier habe ich auf Drehmaschinen Nähmaschinenteile gefertigt. Auch für die Montage mehrerer Komponenten bin ich zuständig gewesen.

    Als nach einem Jahr, am Ort eine Stelle im Verkauf frei geworden ist, habe ich mich darauf beworben. Jetzt habe ich das Arbeiten mit den Kunden kennen gelernt. Ich habe in Schulungen und viel Eigenarbeit alles zu Nähmaschinen, Stickmaschinen und Overlockern gelernt. Auch die Sortiment-Ergänzungen wie Stoffe, Kurzwaren, Nadeln, Garne, Einlagen und Knöpfe gehörten dazu. In der Beratung habe ich unterschiedlichste Fragen beantwortet und Probleme gemeinsam mit den Kunden gelöst.

    Nach vier Jahren habe ich die Filialleitung in Karlsruhe bekommen, wo ich weitere vier Jahre tätig war. Dann habe in der zentralen Schulungsabteilung gearbeitet und Produktschulungen für alles was Sticht ausgearbeitet und Händler für den Verkauf geschult, auch international.

    Die Bedienungsanleitungen für die neuen Nähmaschinen und viele Nähanleitungen habe ich zum Überarbeiten bekommen. Die Aufgabe bestand darin, die deutsche Übersetzung aus dem Englischen oder Schwedischen für den Anwender verständlich zu machen und die Nähschrittfolgen zu überprüfen.

    Vor über acht Jahren habe ich bei einem Händler in Karlsruhe angefangen und habe dort die Nähmaschinen  und die Schulungsabteilung aufgebaut. Hier hatte ich die Gelegenheit die ganze Palette unterschiedlicher Hersteller kennen zu lernen. Und ich habe begonnen Bücher zu schreiben.

    Inzwischen gebe ich selbständig Nähkurse und Workshops und mache Näh-Aktionen in Nähmaschinengeschäften und Stoffläden in Deutschland, Österreich und in der Schweiz.

  • Wie kam es dann dazu, dass Sie selbst Bücher zum Thema Nähen verfasst haben?

    Sticken_9783981421859In der Zeit als ich noch in der Schulungsabteilung gearbeitet habe, ist auch mein erstes Overlockbuch zusammen mit der dortigen Marketingabteilung entstanden.

    Das Buch wurde jedoch nicht mehr aufgelegt und ist im Internet zu horrenden Preisen gehandelt worden, da es einfach nichts anderes gab. Ich habe genau gewusst, dass das Buch nicht mehr aktuell ist und ich habe Bedarf an einem neuen Overlockbuch gesehen. Die Entscheidung war gefallen: ein neues Overlockbuch musste her.

    Ich habe genau gewusst, wie mein neues Overlockbuch inhaltlich seien soll. Ein Konzept habe ich bei einem Verlag in Deutschland vorgestellt. Dort wurden meine Visionen und meine Kreativität jedoch sehr eingeschränkt und es wäre nicht mehr „mein Overlockbuch“ gewesen. Also habe ich andere Wege gesucht. So ist es dazu gekommen, dass ich meine Bücher heute in Eigenregie verlege.

  • Ihre Bücher werden in einschlägigen Kreisen wärmstens empfohlen und zwar von AnfängerInnen genauso wie von Fortgeschrittenen. Was ist Ihr Geheimnis bzw. worauf legen Sie bei Ihren Büchern Wert?

    Die Anleitung einer Nähmaschine ist sicher sehr hilfreich um die Maschine in Betrieb zu nehmen und die ersten Versuche zu machen. Für viele ist sie jedoch zu technisch, zu kompliziert und enthält viele neue Fachbegriffe.

    In meinen Büchern mache ich eigentlich nur die praktische Anwendung: „Nähmaschine trifft Stoff“.

    Ich versuche einfach nur die Praxis aus der Sicht der Hobbynäherin zu beschreiben: was möchte ich machen? Was brauche ich an Zutaten? Wie fange ich an? Wie mache ich weiter?

    Jemand der gerade angefangen hat zu nähen, schätzt diese Informationen sehr. Auch Näherfahrene die „am Ball“ bleiben wollen, schlagen immer wieder gerne nach, einfach nur um aufzufrischen, was vielleicht schon längst im Gedächtnis eingestaubt ist, oder zu erfahren was es neues gibt.

  • Haben Sie selbst ein Lieblingsbuch oder gibt es eines, das bei Ihren KundInnen besonders gut ankommt?

    Mein Lieblingsbuch?! – nein das gibt es nicht. Die Bücher sind alle völlig unterschiedlich, genauso wie die Maschinen zum Nähen. Ich liebe alle meine Maschinen weil sie so unterschiedlich sind – und ich brauch sie alle, ob Overlock, Nähmaschine, Stickmaschine oder Software!

  • Nachdem Hobbys wie Nähen, Stricken oder Häkeln lange Zeit verpönt waren – was denken Sie, warum ist „Selbermachen“ gerade wieder so en vogue?

    S126_TascheIch denke, dass das Verhalten und die Denkweise der Verbraucher sich gewandelt haben. Man kann heute sehr schnell sehen, bei welcher Modekette die Kleidung gekauft wurde.

    Viele legen aber wieder Wert auf Individualität. Eine Kleinigkeit da oder dort geändert und schon wird es individueller. Oder sogar irgendwann einzelne Kleidungsstücke selber machen und den eigenen Stil finden. Das hat Stil!

    Das „Selbermachen“ hat an Stellenwert gewonnen. Ob Frau oder Mann. Man ist mit einem gewissen Stolz erfüllt, wenn man sagen kann „das habe ich selbstgemacht!“.

  • Aktuell findet man Nähmaschinen ja sogar in Discounter-Prospekten. Angenommen, jemand entschließt sich, mit dem Nähen starten zu wollen: Was gehört zu einem guten Equipment und wo sollte man nicht sparen?

    S97_Overlock - Die ersten SticheDa ich lange Jahre Nähmaschinen verkauft habe und Kunden beraten habe, kann ich nur jedem Raten in den Fachhandel zu gehen. Die meisten Händler bieten Nähmaschinen in vielen Preissegmenten an, auch für das kleine Budget. Wenn jemand überlegt sich eine Maschine zu kaufen, dann soll er mit einem Bündel unterschiedlicher Stoffe ins Nähmaschinenfachgeschäft gehen und sich beraten lassen. Viele Händler haben unterschiedliche Fabrikate. Fragen Sie, ob Sie selber die Handhabung der Maschinen ausprobieren können. Wechseln Sie Nadeln und schauen Sie sich an wie man die Stichplatte entfernt und wie sich die Maschine reinigen lässt.

    Die Kunden die gerne nähen und schon mal eine Nähmaschine beim Discounter gekauft haben, schauen beim zweiten Mal mit anderen Augen hin.

    Früher hat man mehr für eine Maschine bezahlt, damit sie mehr Stiche hat. Heute sind die Maschinen mit allen Stichen ausgerüstet. Wenn Sie mehr ausgeben, bekommen Sie heute eine Maschine, die leistungsstärker, zuverlässiger und robuster ist. Die Mechanik ist höherwertiger und die Bedienung einfacher und ausgeklügelter. Dadurch ist das Ergebnis gleich viel einfacher zu realisieren.

  • Was ist für Sie persönlich das Schönste am Nähen und das, was den Zauber an dieser Tätigkeit nach so vielen Jahren nie verfliegen ließ?

    Beim Nähen kann ich vom Alltag abschalten. In kann kreativ sein und in meine Welt abtauchen. Es ist für mich entspannend und anregend zugleich.

    Das tut auch meinem Mann gut.

Ihr wollt eines von Gabys Büchern gewinnen?! Wir dürfen 3 davon verlosen.

 

berninia challenge

 

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